Heute bin ich müde. Irgendwie verdammt müde. Und da lese ich den Satz: „Was hilft aller Sonnenaufgang, wenn wir nicht aufstehen?“
Dieser Spruch, denke ich, ist wie so viele Sprüche – irgendwie gut anzuhören. Passt aber gerade nicht.
Das Foto dazu ist schön. Eine Schlucht. Unten schlängelt sich ein Fluss. – Mensch, denke ich, muss der eine Energie haben. Das Felsgestein hat er kompromisslos durchgesägt. Gut, die Zeit hatte er ja. Millionen von Jahren sind für Mutter Natur keine Ewigkeit. Trotzdem – er hat was hinterlassen, der Fluss. Eine Einkerbung größten Ausmaßes. Schon sehr beeindruckend.
Was hinterlassen wir?, denke ich. Klar, so eine tolle Formation geht natürlich nicht in 80 Jahren. Felsmassiv und unten Fluss.
Aber Spuren … Spuren, Fußabdrücke, die sind doch möglich.
Zumindest kleine Spuren, kleine Fußabdrücke. Nichts Riesiges. Keiner muss Dir oder mir ein Denkmal setzen. Niemand eine Straße nach uns benennen. Ein Schiff auf unseren Namen taufen. Das Fernsehen muss nicht über uns berichten und später keinen Nachruf senden.
Aber das Gefühl zu haben, etwas von Dir und mir lebt hier auf Erden weiter – das hat doch was. Das berührt uns.
Mal ehrlich:
- Lebst Du in Deinen Kindern weiter?
- Im Kreis der Familie?
- In der Chronik Deines Vereins?
- In Deinen beruflichen und privaten Erfolgen?
- Oder auch in Deinen Gedanken, Deinen Konzepten, Deinen Ideen?
- Was hinterlässt Du schon bis heute? Welche Spuren?
- Was hast Du bis heute ins Leben gebracht?
- Was gäbe es nicht, wenn Du nicht geboren wärest?
- Was würde fehlen, wenn es Dich nicht gäbe?
Jetzt antworte bitte nicht vorschnell: „Nichts würde fehlen!“ Denn diese Worte zeigen dann ja nur, dass Du nicht bereit bist, zu reflektieren, über Dich nachzudenken. Oder dass Du Dich nicht magst. Frage Dich also ganz ehrlich:
- Welche Spuren, welche Fußabdrücke habe ich bis heute auf dieser Erde hinterlassen?
- Wo, wie und wodurch ihr meinen Stempel aufgedrückt?
Während Du die ersten Einfälle sammelst und aufschreibst, möchte ich Dir eine Geschichte erzählen: Sie ist ein Teil, der wichtigste Teil eines alten Hollywoodschinkens aus dem Jahre 1946, der immer zu Weihnachten auf irgendeinem Kanal im Deutschen Fernsehen gesendet wird. „Ist das Leben nicht schön?“ heißt er. Mit James Stewart als George Bailey und Donna Reed als seine Frau in den Hauptrollen. Aber das ist nicht so wichtig. Entscheidend sind die letzten zwanzig Minuten.
Wird fortgesetzt
In herzlicher Verbundenheit
Georg Rupp