Deine Lebensreise

Teil 2

„Ich bin mehr als die Krisen, die hinter mir liegen!“, titelte die Zeitschrift „Psychologie heute“ in ihrer März-Ausgabe 2024.

Heute möchte ich den ersten Teil erweitern. 

Im Editorial dieses Magazins erzählte die Chefredakteurin, Dorothea Siegle, von Viktor Chu, Arzt, Psychologe, Psychotherapeut und Ausbilder in Gestalttherapie. Sie fragte ihn, woran wir Menschen merken könnten, dass wir Frieden geschlossen hätten mit Belastendem – der mangelnden Zuwendung der Eltern, dem Ende einer Liebe, der Kränkung auf der Arbeit? (Die Akzeptanz und der Friedenschluss waren auch ein Thema des vorherigen „Futter-Artikels“.)

Wie lässt sich denn feststellen, dass die Krise nicht mehr im Vordergrund steht, sondern in den Hintergrund abgesunken ist? 

Darauf antwortet der Therapeut mit zwei Bildern. Ich zitiere aus der „Psychologie heute“: „Das belastende Lebensereignis kompostiert über die Zeit und wird zu Erde. Und die Komposterde gibt der Pflanze neue Nahrung. Etwas, das vorher unverdaulich war, versorgt mich also mit Energie, so dass ich mir neue Wege bahnen kann.“

Im zweiten Bild skizziert Chu einen Baum, dem ein Stein im Weg liegt. „Und was macht der Baum? Er lässt sich nicht erdrücken, er umwindet den Stein, umwächst ihn – und geht dann trotzdem ans Licht. So kann man in der Natur alte Bäume sehen, bei denen der Stein ein integraler Bestandteil geworden ist. Nähme man den Stein heraus, würde der Baum bluten. Und er wäre nicht der, der er geworden ist.“

Ich bin mehr als die Krisen, die hinter mir liegen.

Das erinnert mich an Bilder, die ich gesehen habe und nie vergessen werde: Vom kambodschanischen „Wunder im Dschungel“, Angkor Wat. Wurzeln, die steinerne Buddhaköpfe umschlingen. Bäume, die sich erdnah Felsstücke „einverleibt“ haben.

Ein anderes Beispiel. Auf einer Spruchkarte war zu lesen: „Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man etwas Schönes bauen.“ Stolpersteine, die einen aufwecken und achtsam werden lassen. (Das Zitat wird übrigens Johann Wolfgang von Goethe zugeschrieben.)

Wenn Du magst, schreibe einmal Deine eigenen „Stolpersteine“ auf.

  • Welche Lebenskrisen bezeichnest Du als „Steine“ auf Deinem Weg zum Ziel?
  • Welche Gefühle standen im Weg? – Schuldgefühle? Einsamkeit? Depression?
  • Welche Versäumnisse? Welche Krankheiten? 
  • Welche unerfüllten Wünsche? 

Es ist schwer … Aber lerne Deine Stolpersteine zu umarmen. Schritt für Schritt. So wie der Baum langsam den Stein umwächst. Und ihn schließlich voll und ganz in sein Leben integriert.

Denn Du bist ganz viel mehr als alle Krisen, die hinter Dir liegen!

In herzlicher Verbundenheit

Ihr Georg Rupp