Im gut besuchten Fachseminar eines kanadischen Arztes und Schamanen lautete eine Übung: „Stell Dir vor, Du kommst in das letzte Drittel Deines Lebens. Es bleibt Dir nicht mehr unendlich viel Zeit. – Wovor hast Du die größte Angst?“
Die Zettel mit den Antworten sollten dann gefaltet und im Kreis herumgereicht werden. Irgendwann rief der Schamane „Stopp!“ Und wir begannen, die für uns fremde Antwort vorzulesen.
Welche Ängste zum Vorschein kamen? Weit über 90 Prozent beschrieben die Angst vor Krankheit, Siechtum und Tod. Oder: Ein höheres Alter durch Unfall oder Krieg erst gar nicht zu erreichen.
Eine Antwort aber ließ aufhorchen: „Wenn schon Angst … dann habe ich Angst, an der Weisheit vorbei zu rutschen. Also zu sterben, ohne weise geworden zu sein.“
Selbst ein bekannter Fernseharzt in unserer Runde äußerte sich anerkennend. Das sei wohl eine gute und gescheite Aussage. Denn um die Weisheit können wir uns selbst und ständig bemühen. Natürlich um die Gesundheit auch. Aber da läge ja nicht alles in unserer Hand.
Nun stellt sich natürlich die Frage, welche Schritte uns auf den Weg der Weisheit führen können. Rezepte gibt es dafür nicht. Aber vielleicht ein Drei-Stufen-Programm, das so aussehen könnte:
- Ich übe mich in Dankbarkeit.
- Ich übe mich in Demut.
- Ich übe mich in Weisheit.
In dieser Reihenfolge. Ich kann keine Stufe überspringen: Dankbarkeit ist Voraussetzung für die Demut. Und ohne Demut werde ich nicht weise werden können. Denn Weisheit findet im Herzen statt.
Zur Demut fällt mir Folgendes ein: Richtig verstanden bedeutet sie nicht, dass ich mich in diesem Leben unterordne, sondern, dass ich mich sinnvoll einordne in dieses Leben. Demut heißt, nicht nur die Ausstrahlung der schönsten Rose zu bewundern, sondern mit gleicher Freude auch auf die kleinen, unscheinbaren Gänseblümchen zu schauen. Demut meint also das lächelnde „Ja“ zur Wertschätzung aller. Jeder Existenz auf dieser Erde.
So schwer es auch zu akzeptieren sein mag … Es gehört die Erkenntnis dazu: Nichts ist ohne Sinn. Auch wenn wir ihn oft erst im Rückspiegel unseres Lebens verstehen. Doch das für denkbar zu halten, schafft Raum für die Demut.
Dann kann die Weisheit schon mal mit der Überzeugung um die Ecke winken:
„Es ist nicht das Spektakuläre, was den Menschen ausmacht.
Es ist nicht das Fantastische, was unser Leben ausmacht.
Es sind die tausend kleinen Sonnen, die uns tagtäglich begegnen.
Uns tagtäglich scheinen, erscheinen.
Denn Leben ist Aufmerksamkeit.“ (aus einer Meditation)
Am Ende wird klar:
Die Weisheit des Herzens ist der Schlüssel zum Glück.
Wird fortgesetzt
In herzlicher Verbundenheit
Georg Rupp