Denken ist wie googeln, nur krasser

Gerade ploppt eine neue E-Mail hoch. Immer mehr Schrott wird rübergeschickt. Jetzt im November auch noch „Cyber Countdown mit Gutschein-Code und Geschenk-Karte extra.“ Und vor allem: „Black Friday“. Ein friedvoller Freitag wär mir lieber.  

Aber diese E-Mail ist gut. Kommt von einer Freundin aus unserem philosophischen Kreis. Einmal im Monat treffen wir uns, um über den Alltag nachzudenken. Über Leben und Tod, Glück und Unglück, vor allem aber über Lebensfreude und Achtsamkeit. Zwölf tolle, neugierige Menschen. 

Um 19.45 Uhr beginnt es. Treffen im Kreis. 20 Uhr kurze Meditation zur Einstimmung. Dann zwei Stunden ein vorbereitetes Thema, gut strukturiert. Und um 22 Uhr öffnen wir den Rotwein und erfreuen uns am Leben. Um 23 Uhr ist Schluss. Immer das gleiche Ritual. Schon seit über 12 Jahren. 

Ja, und jetzt lese ich da am Bildschirm von unserer Philosophen-Freundin: 

„Denken ist wie googeln, nur krasser.“

Das kommt an und geht rein. Nicht nur wegen der bunten Farben. Da bekomme ich direkt Aufwind.

Nicht immer nur Wissen konsumieren, sondern selber denken. 

In der Tat, manchmal stelle ich mir das Gehirn als eine Baustelle vor – mit einem großen Schild davor, auf dem geschrieben steht: „Hier entsteht in Kürze ein neuer Gedanke.“ Habe ich mal als Cartoon gesehen. 

Ein neuer Gedanke. Neues Denken. Querdenken. Schrägdenken. Unsinn denken. Eigen-SINN-ig denken. Auch eigen-ART-ig. Ohne Denkverbote denken. Grenzenlos denken.

Man müsste an Volkshochschulen Kurse anbieten zum Nonsens-Denken. Und zum kreativen Blödeln. Dann wären wir nicht nur das Land der Dichter und Denker, sondern auch der kreativen Erfinder. 

Also raus aus den Denkschablonen unserer Erziehung. Elternhaus, Schule und Gesellschaft haben uns eingenordet. Denken wir uns frei.

Auch der „Denker“ von Rodin starrt ja nicht ohne Sinn auf die Erde vor seinem Sockel, sondern sinnt über die Höllenseiten des Menschseins nach, über das ewige Spiel von Licht und Schatten. Tiefe und Leichtigkeit sind keine Gegensätze. 

Treffen wir uns also in philosophischen Zirkeln. 

Fördern wir die Liebe zur Philosophie, die Liebe zur Weisheit. Und bei aller Digitalisierung – stellen wir doch ein kleines Schild vor unseren PC mit der Aufschrift: Selber denken befreit! 

In herzlicher Verbundenheit
Georg Rupp