Der Freundschaft dienen – Teil 4

Freundschaft fällt nicht in den Schoß.

Freundschaft fällt nicht vom Himmel wie die Sterne in den Schoß des Sterntaler-Mädchens. Wer nicht sät, kann auch nicht ernten.

Zu einem herzlichen Umgang miteinander gehört aber auch der Mut, seine Andersartigkeit, seine eigene Identität in gegenseitigem Respekt auszudrücken und leben zu können. Lieber eine konstruktive Kritik, eine querdenkende Kreativität als stromlinienförmige Ja-Sager, die unter Watte und Zuckerguss ihre innere Kündigung für die Freundschaft schon ausgesprochen haben.

Eine Gemeinschaft lebt auch von der Gegensätzlichkeit und seinen Polaritäten. Vom Ringen um Nähe und Distanz, vom Zweifel und Glauben, vom Bewahrer und Beschützer der Werte und Normen, bis hin zum Propheten und Spinner, der im besten Sinne des Wortes „verrückt“ ist, weil er die Normalität ver-rückt!
Freundschaft braucht Zuversicht. Braucht aber auch Auseinander-Setzung. Denn nur, wer sich auseinandergesetzt hat, kann sich immer wieder neu zusammensetzen.

Und noch eins: Freundschaft gibt es nicht im Dauerabonnement. Freundschaft müssen wir uns Woche für Woche und Jahr für Jahr erarbeiten und verdienen. Der wichtigste Teil des Wortes „verdienen“ ist das „dienen“.

Der Freundschaft dienen.
Wenn wir feststellen, dass alte Werte – zu Recht oder Unrecht – zerstört werden, dann ist es sicher an der Zeit, ja not-wendig, um die Not zu wenden, sich über neue Werte Gedanken zu machen. (Und hierzu weniger seinen Verstand zu befragen, sondern vielmehr sein Herz!)

Ich postuliere vorab vier Kernpunkte:

  1. Geistige Werte werden wichtiger als materielle Werte! Wir brauchen die Transformation der Konsumgesellschaft in eine Kulturgesellschaft.
  2. Ein hohes, wenn nicht das höchste Ziel unseres Landes, unseres Denkens und Handelns, ist die Bewusstseinsentwicklung des Menschen. (Schon Goethe wusste: Der Geist, aus dem wir handeln, ist das Höchste.)
  3. „Weich ist besser“. Das heißt: Liebevolles, verständnisvolles Agieren zu anderen und zu sich selbst ist zwar schwieriger durchzuhalten als die harte, autoritäre Art. Sie ist letztlich aber erfolgreicher, auch wirtschaftlich.
  4. Vom „Macher“ zum „Diener“! Das alte Paradigma hieß: „Machen“. –
    Sie alle kennen den typischen „Macher“, den Fetzer, der sein Motto „Ich mache“ mit dem Gedanken verbindet: „Ich bin in Ordnung und muss die Welt in Ordnung bringen.“ Das neue Paradigma „Ich diene“ heißt aber vor allem: „Ich muss zuerst mich in Ordnung bringen.“ Anderen helfe und diene ich am besten, wenn ich zunächst das tue, was mir selbst hilft und dient. Denn erst, wenn ich mich selbst erkenne, kann ich Andere erkennen. Wenn ich mich selbst achte, kann ich Andere achten. Wenn ich mich selbst liebe, kann ich auch Andere lieben. Und die Liebe ist nun einmal die wirksamste Kraft all unseres Schaffens. Vom Macher zum Diener aber ist ein Prozess. Denn dienen ist die Fortentwicklung des Gemachten. Dienen heißt, der Demut Raum zu geben. Der Weise schließlich ist derjenige auf dem Gipfel, der der Welt dient, ihr aber nicht anhängt. Lasst uns alle miteinander daran arbeiten, ein wenig weiser zu werden und über unser Ego hinauszuwachsen.

In herzlicher Verbundenheit
Georg Rupp