Als ich vor etlichen Jahren diesen Vortrag hielt, schien es mir wichtig, speziell bei
den Männern darauf hinzuwirken, ihr Herz zu öffnen für die weichen Anteile, die
für Freundschaften so wichtig sind. Machos gibt es ja genug…
Wer sind wir Männer denn überhaupt?
Ina Deter sang schon vor vielen Jahren: „Neue Männer braucht das Land.“ – Hat man uns also samt und sonders auf einen Haufen geschmissen.
Herbert Grönemeyer legte den Finger in unsere Wunden: „Männer weinen heimlich… sind außen hart und innen ganz weich…“
Männer kommen mittlerweile mehr als je zuvor in Psychotherapie: Stress belastet, mit Magengeschwüren, Potenzstörungen, Karriereproblemen, Burnout. Männer haben durch die Emanzipation der Frau ihre lang eingeübte Rolle verloren.
Alexis Zorbas, der Grieche, war noch ein Lustmensch. Er lebte wie die Sonne. James Bond durfte töten, Django aus der Hüfte schießen, der Camel-Mann meilenweit gehen, der einsame Cowboy freiheits- und abenteuerliebend an der Marlboro ziehen, der rationale Top-Manager seine Gefühlsunsicherheit im Erfolg kompensieren, der Macho-Held wenigstens angeben, der Coole sagen: „It’s cool man!“
Aber die Kraft des wilden und weichen Mannes haben die meisten von uns nie kennengelernt. Ein Indianer weint doch nicht…
Dabei schrieb schon vor mehr als 60 Jahren der Individualpsychologe C. J. Jung: „Die wichtigste Aufgabe des Individuums in seiner zweiten Lebenshälfte ist es, zu lernen, den gegensätzlichen Geschlechtsanteil in seine Ganzheit zu integrieren: Der Mann die Anima (das weibliche Prinzip), die Frau den Animus (das männliche Prinzip). Also Yin und Yang zu leben und beide Seiten in sich in Einklang zu bringen.
Aber ein Trost bleibt uns Männern – ganz im Ernst: Bis die Integration gelingt, verlieren wir in Männerfreundschaften die Abhängigkeit von der Frau als alleinigem Hort des Weiblichen. Auch Männerfreundschaften schenken Geborgenheit, sind Oasen. Und mehr – eine Übereinstimmung des Gefühls wird gesucht, ein eigenes Verständnis, eine Beziehung ohne Absichten und Absicherungen, ohne Angst vor weiblicher Ablehnung, ohne Rivalitätsgehabe und ohne Neid. Darüber hinaus auch eine Sehnsucht nach der Leichtigkeit des Seins. Ja, Männer können für andere Männer auch in dem Sinne wichtige Freunde sein, dass sie für sie zu Lehrern des Denkens und des Lebens
werden.
Vom Freund lernen, sich zu entwickeln und ganz zu werden.
In herzlicher Verbundenheit
Georg Rupp
Teil 4 folgt.