the word peace on a woven surface

Komm wir ziehen in den Frieden …

Weihnachten 2022

„Komm wir ziehen in den Frieden.
Wir sind mehr als du glaubst.
Wir sind schlafende Riesen,
aber jetzt stehen wir auf.

Lass sie ruhig sagen, dass wir Träumer sind.
Am Ende werden wir gewinnen.
Wir lassen diese Welt nicht untergehen.
Komm wir ziehen in den Frieden.“

So klingt es bei Udo Lindenberg. Früher schon hieß es: „Schwerter zu Pflugscharen.“ Das mag aus heutiger Sicht zu optimistisch – und pazifistisch betrachtet – auch zu naiv erscheinen. Aber wenn wir dem Frieden keine Chance geben, werden „Höllenfürsten“ wie Putin keine Ruhe geben. 

Er benutzt einen altbekannten Trick: Putin richtet den Zeigefinger auf Andere und sagt: Unsere Spezialoperation bekämpft die Nazis in der Ukraine. Wenn er aber seinen Zeigefinger ausstreckt, zeigen gleichzeitig drei seiner Finger auf ihn selbst zurück. Wer also ist hier der Tyrann?

Komm wir ziehen in den Frieden … Gerade jetzt in der Weihnachtszeit. Bleiben wir ehrlich und authentisch, aber auch zuversichtlich und dankbar. Schon Meister Eckhart, christlicher Mystiker des Mittelalters, wusste: „Wenn das einzige Gebet, das Du in Deinem Leben sprichst, ein ‚Danke‘ wäre, würde das ausreichen.“

Vielleicht kommt Weihnachten gerade jetzt zur rechten Zeit. Wenn die Ängste der Menschen größer werden, wenn die Zukunft nicht mehr fassbar erscheint, erst recht nicht mehr kontrollierbar, wenn die Sorge zunimmt, ein paar Prozent an Wohlstand zu verlieren, wird deutlich: Wir sollten dankbar sein für das, was wir hatten (und haben). Wenn wir uns nämlich auf das konzentrieren, was wir nicht haben, was uns fehlt, werden wir nie genug haben. Dann leben wir nicht in der Fülle, sondern im Mangeldenken. Gerade in den Tagen um Weihnachten herum sollten wir das Leben als ein Geschenk betrachten. Und es mit großer Wertschätzung annehmen.

Und wenn wir uns nicht in der Fülle sehen? Dann ist es immer noch besser, die Haltung des Regisseurs Rainer Werner Fassbinder (1945-1982) zu würdigen, der in einer seiner tiefen Depressionsphasen sprach: „Das Leben ist kostbar. Sogar gerade jetzt!“

Eine andere Feststellung, die Hoffnung schenkt: Es gibt viele Menschen, die Leid und Schmerz erfahren – und dennoch über sich hinaus wachsen. Fernand Braun, Kontemplationslehrer, schreibt dazu: „Schwierige Situationen und Herausforderungen wecken ungeheure, kreative Kräfte in ihnen. Viele Beispiele zeigen uns, wie Menschen trotz Gefahren und Einschüchterung auf die Straßen gehen [wie jetzt im Iran; Anmerkung des Verfassers], sich gegen Ungerechtigkeit und Bedrohung auflehnen, oder gegen Tatenlosigkeit und Bequemlichkeit protestieren.“

Am Schmerz und am Leid können wir wachsen. Auch am Nicht-verstanden-werden. Dazu ein letztes Zitat.

In seinem Text „Zeit, Danke zu sagen“, schreibt der brasilianische Schriftsteller Paolo Coelho:

Ich danke allen, die meine Träume belächelt haben; 
sie haben meine Fantasie beflügelt.

Ich danke allen, die mich in ihr Schema pressen wollten;
sie haben mich den Wert der Freiheit gelehrt.

Ich danke allen, die mich belogen haben;
sie haben mir die Kraft der Wahrheit gezeigt.

Ich danke allen, die nicht an mich geglaubt haben;
sie haben mir zugemutet, Berge zu versetzen. 

Ich danke allen, die mich abgeschrieben haben;
sie haben meinen Mut geweckt. 

Ich danke allen, die mich verlassen haben;
sie haben mir Raum gegeben für Neues. 

Ich danke allen, die mich verraten und missbraucht haben;
sie haben mich wachsam werden lassen. 

Ich danke allen, die mich verletzt haben;
sie haben mich gelehrt, im Schmerz zu wachsen. 

Ich danke allen, die meinen Frieden gestört haben;
sie haben mich stark gemacht, dafür einzutreten. 

Vor allem aber danke ich all jenen,
die mich lieben, so wie ich bin;
sie geben mir die Kraft zum Leben!

Komm wir ziehen in den Frieden. Das setzt aktives Handeln voraus. Wir sind viele, die aufstehen und für die Welt unserer Kinder und Enkelkinder eintreten. Mit friedlichen, aber starken Mitteln.

Weihnachten kann ein kraft- und liebevolles Fest sein. Liebe ist der Gegenpol der Angst. Liebe kann Angst und Panik verhindern. Senden wir unsere Liebe in die Welt. Mit allen Fasern unseres Herzens. Gerade am Fest der Liebe. Denn im Weihnachtsfrieden kann uns bewusst werden: Das Leben ist keine Leistungsschau. Es ist ein Geschenk. 

Ich wünsche Dir, dass Du den Frieden vor allem in Deiner eigenen inneren Tiefe finden wirst.

Friedvolle Weihnachten wünscht Dir

in herzlicher Verbundenheit

Georg Rupp