Wer erklärt mir die Welt?

Ich erinnere mich, wie ich mit 10 Jahren in meinem Bett lag und über das „Nichts“ nachdachte … Nachts nachdenken hält extrem wach. Im Religionsunterricht hatten wir gelernt, dass Gott Himmel und Erde erschaffen hat und das ganze Universum dazu. Bis zu einem gewissen Grad leuchtete mir das ein.

Ich überlegte: Wenn es Gott gibt, dann ist ja alles in Ordnung. Wenn es aber Gott nicht gäbe, das alles ein Schwindel wäre, gäbe es ja nicht nur mich und meine Eltern nicht, sondern auch keine Klassenkameraden und keine mir bekannten und unbekannten Menschen. Dann gäbe es keine Erde, keine Sonne, keine Sterne. Es gäbe – nichts.

Was aber wäre, wenn es buchstäblich „nichts“ gäbe? Wie fühlt sich dieses „Nichts“ an? Ist es schwarz? Oder hohl? Ist es eine mir nicht bekannte Daseinsform? Oder wirklich … nichts? Also – Leere? Und wie würde ich mich fühlen, wenn es mich nicht gäbe? Wo wäre ich – oder nicht?

Mein Gehirn war mächtig überfordert damit, sich tief in das „Nichts“ hineinzudenken. Ich weiß noch heute, wie ich immer wacher wurde, um das „Nichts“ begreifen zu können. Vergebens …

Mir ging kein Licht auf. Ganz im Gegenteil: Ich bekam Kopfschmerzen, dumpfe, elende Kopfschmerzen. Das „Nichts“ war nicht denkbar. Kurz vor dem Einschlafen tröstete ich mich mit dem Gedanken: Es gibt Gott! Denn etwas, was ich nicht begreifen kann, was aber existiert, ist weniger schmerzhaft als etwas, was ich nicht begreifen kann, weil es nicht existiert.

Über 60 Jahre später: Heute habe ich keine schlaflosen Nächte mehr. Auch wenn aus der Beschäftigung mit dem „Nichts“ Fragen entstanden sind. Beispielsweise: Wie geht es Schrödingers Katze heute? – War Einstein sauer, als er die Quantentheorie bestätigen musste? – Wer oder was gab das Kommando zum Urknall? Und: wurde der Anstoß durch eine Trillerpfeife ausgelöst? – Alles können wir heute nicht klären. Aber morgen ist ja auch noch ein Tag.

Vertrauen wir darauf, dass das Universum immer noch Spaß daran hat, die eine oder andere Minute an die vierzehn komma acht Milliarden Jahre dranzuhängen. (Gut, auf eine Milliarde mehr oder weniger kommt es uns jetzt auch nicht an.)

Es ist doch so: Wir haben nicht immer eine klare Sicht auf die Dinge des Lebens. Manches bleibt geheimnisvoll, vieles verborgen. Schon unser Unterbewusstsein hat allerhand Kram gesammelt, der unserem Bewusstsein nicht zur Verfügung steht. Wir haben jede Menge blinde Flecke. Wenn wir aber unsere Augen offen halten, einen freien Geist leben, liebevoll in Beziehung treten und unser Herz nicht verschließen, haben wir das große Los gezogen.

Dazu möchten meine Geschichten und Anekdoten anregen. Sie können die Welt nicht erklären, aber vielleicht dazu beitragen, dass Du Dich als wertvollen Menschen erkennen kannst. Dass Du eine klare Sicht auf Dich selbst erhältst. Ungeschminkt, authentisch, froh machend. Außerdem ist es gut, nicht zu vergessen, dass wir hier schon über 75 Jahre im Frieden leben.

Also: Bleib heiter! Und mach’s einfach gut!

In herzlicher Verbundenheit

Georg Rupp