„An den Scheidewegen des Lebens stehen keine Wegweiser,“ hat Charlie Chaplin mal gesagt. Das gilt für Straßen eher weniger. Besonders zur heutigen Zeit. Da heißt es: „Wenn möglich – bitte wenden!“ Heute gibt es eben Navis, um das Ziel der Fahrt nicht zu verfehlen.
Das war nicht immer so einfach. Früher studierte man Landkarten und Stadtpläne, um sich zu orientieren. Das führte manches Mal zu bemerkenswerten Irrfahrten.
Zum Beispiel beim Wirrwarr in den Straßen der Großstadt. Claudia lacht heute noch darüber, wie wir uns vor vierzig Jahren im Einbahnstraßensystem von Düsseldorf hoffnungslos verfahren hatten. Die Straße, auf der sich unser Ziel befand, schien wie vom Erdboden verschluckt. Und ich hatte diesen blöden Plan in der Hand, den man so Feld für Feld auseinanderklappen konnte.
Mittlerweile verpesteten wir schon nachhaltig die Luft durch unsere Kurverei im Stadtzentrum. Wir fanden einfach diese verfluchte Straße nicht. Als ich schon zum dritten Mal über dieselbe Kreuzung an der Berliner Allee fuhr auf der Suche nach einer Eingebung oder Freund „Zufall“, überkam mich plötzlich eine nicht mehr zu bremsende Wut. Es dauert normalerweise ja lange – aber damals war bei mir der „Point of no Return“ blitzschnell erreicht.
Mitten auf der Kreuzung stieg ich auf die Bremse, kurbelte das Seitenfenster runter (damals kurbelte man noch), zerriss diesen nervenden Stadtplan in tausend Fetzen und warf den ganzen Müll zum Fenster raus (Entschuldigung!). – Aber was soll ich sagen – wir bogen um die nächste Ecke … und das Straßenschild bewies glasklar: Hier seid Ihr richtig. Zehn Sekunden nach dem Tobsuchtsanfall.
Ja, liebe Leserin, lieber Leser, auch ein (damals junger) Therapeut fällt schon mal in die alten Muster des Giftzwergs oder Rumpelstilzchens zurück, wenn er das Brett vorm Kopf festgenagelt hat.
Ziele im Leben zu finden, ist oft gar nicht einfach. Da gibt es zwei Meinungen. Die eine sagt: „Der Weg ist das Ziel.“ Und die andere: „Das Ziel ist im Weg.“
Bei mir war Letzteres der Fall. Wer verkrampft, kann weder denken noch auf seinen Bauch hören. Da kann das Ziel vor der Nase liegen – und Du findest es nicht.
Bei den Lebenszielen ist es oft nicht anders. Natürlich gibt es noch hunderttausend Mentaltrainer, die die Zielvisualisierung predigen. Du stellst Dir also vor, wo Du hingelangen möchtest. Meins ist das nicht mehr. Heute lebe ich lieber ungeplant spontan. Von Augenblick zu Augenblick.
Gut, im Auto haben wir heute ein Navigationssystem. Die Kreuzungen an der Berliner Allee sind also nicht mehr das Problem. Für alles andere haben wir einen inneren Kompass, der uns an den Scheidewegen des Lebens als Ratgeber zur Seite steht: unsere Intuition und unser weises Herz. Und die funktionieren seit Jahren, sogar ohne Update …
In herzlicher Verbundenheit
Georg Rupp