„Was darf’s denn Schönes sein?“ fragt der Tiefkühl-Mann an der Türe und lächelt. Ich habe heute Home-Office, also Bürotag, und kann öffnen. Seine Frage irritiert mich kurz. „Was darf’s denn Schönes sein?“ hätte ich bei Schmuck, Kleidung oder Antiquitäten erwartet. Aber nicht unbedingt bei Porree, Hähnchenschenkeln und dicken Bohnen.
„Also“, schießt es mir durch den Kopf, „ist er entweder gut geschult – oder er macht seine Arbeit gerne. Vielleicht ist er auch ein Lebenskünstler, der sich seine Fröhlichkeit zwischen den Tiefkühl-Boxen bewahrt hat. Der liebt sein Leben. So sieht’s aus.“
Die ersten Knospen stehen kurz vor dem Aufbruch. Sind ganz schön prall geworden. Mutter Natur bereitet sich auf die Fülle des Jahres vor. Ein älterer Freund sprach immer davon, wie sehr er das „Crescendo des Frühlings“ liebt.
Was darf’s denn Schönes sein? Ein längerer Tag, ein Sonnenstrahl, ein guter Gedanke, ein liebendes Herz. Das Pferd auf der Koppel, die Katze des Nachbarn, die Fahne im Wind. Die letzten Blätter, die verspätet vom Baum fallen. Drei Häuser weiter ein Kinderlachen. Die Wahrnehmung, dass es mir gut geht.
Was darf’s denn Schönes sein? Grenzt es nicht an ein Wunder, dass eine so kurze Bemerkung, verbunden mit einem Lächeln, uns diese Freude schenkt?!
Nicht ganz so heitere Menschen könnten jetzt nüchtern einwerfen: „So verkauft er halt mehr!“ Das wird so sein. Ich gönne es ihm von Herzen. – Aber geht es nicht um eine tiefere Erkenntnis?
Wenn wir die Schönheiten dieser Welt, unsere eigene Schönheit, und die Schönheit der gesamten göttlichen Ordnung, mit inniger Freude betrachten, werden wir das Schöne bewahren und nicht lieblos mit dieser Welt und uns selber umgehen.
Was darf’s denn Schönes sein? lenkt unseren Blick in eine gute Richtung. Und die Käse-Lauchsuppe werde ich demnächst auch mit anderen Augen betrachten.
In herzlicher Verbundenheit
Georg Rupp