Bis vor einiger Zeit sprach ich immer – wie es auch bei vielen anderen Autoren zu lesen ist – von
„Loslassen“. Wer loslässt, hat die Hände frei. Mir ist aber klar geworden, dass „Loslassen“ mit Kraftaufwand zu tun hat. Es ist wie dieses Tau in meinen Händen, das ich festhalte und meine Haut verletzt, sobald ich es durch meine Hände gleiten lasse. Veränderung, Wandlung geschieht weniger durch Kraftaufwand, sondern „geschieht“ im Vertrauen darauf, dass mein Herz meine
Sehnsucht kennt und weiß, wo das Land meiner Bestimmung liegt.
Statt des Begriffes „Loslassen“ habe ich die beiden Worte „Sein lassen“ sehr schätzen gelernt. Sein lassen. Let it be – wie es die Beatles besangen.
„Sein lassen“ klinkt unangestrengt, fast mühelos. Einfach sein lassen…
Die „Brüllaffen“ des Lebens hinter sich lassen. Sich von der Sprache des Herzens führen lassen. Sich öffnen. Vertrauen. Lieben.
„Sein lassen“ heißt, dem Seelenfrieden Raum zu schenken. Zu atmen. Tief zu atmen. Den offenen Raum in sich zu spüren. Im „Sein lassen“ das Eins-sein erahnen. Das hat für mich etwas
von gelebter (und geliebter) Mystik.
Was will jetzt, im „Sein lassen“, gelebt werden? Ist es die Sehnsucht, der Aufbruch, die Wandlung?
Draußen im Garten haben die Forsythien zu blühen begonnen, heute legt sich ein leichter Schneeregen darüber. Die Neugeburt der Natur, Wandlung und Aufbruch, die Ouvertüre des
Frühlings… Wir sollten die Angst vor den Häutungen des Lebens „sein lassen“. Wer reifen will, hält nicht fest.
Lassen wir es „geschehen“.
Genießen wir das Hier und Jetzt. Öffnen wir uns dem wichtigsten: der Weisheit eines authentischen Lebens.
In herzlicher Verbundenheit
Georg Rupp