Hand aufs Herz

Eine kleine Einführung in die Körpersprache.

Jubelnde Sportler legen ihre Hände nicht an die Hosennaht, sondern recken, strecken, werfen ihre Arme gen Himmel, ballen ihre Hand zur Faust und stoßen sie in die Luft. Manche jubeln auch so extrovertiert, dass sie den Maschendrahtzaun in der Fankurve anspringen. Dieses ekstatische Beispiel von Jubel sieht man des Öfteren beim Fußball. Möglicherweise würde dieses “Seht her, ich war’s!“ noch von einem tarzanmäßigen Klopfen auf die Brust begleitet werden, wenn sich der Fußballheld nicht mit beiden Händen am Zaun festhalten müsste.

Womit wir beim Thema Sternum wären. Es ist aus medizinischer Sicht das Brustbein des Menschen, welches sich in der Mitte Deiner Brust befindet. Berührst Du es, dann legst Du Hand an die Zentrale Deiner Gefühlswelt… ein erhebender Moment!

Warum aber sieht man so selten Menschen, die im lauten Jubel das Sternum einbeziehen? Lauter Jubel ist exzessiv, nach außen gerichtet. Wenn man die Welt umarmen kann, hält man nicht inne. Der Olympiasieger läuft nicht mit auf der Brust verschränkten Armen durchs Ziel.

Aber – kurze Zeit später, unmittelbar nach dem lauten Jubel, lässt sich diese Geste oft für einen flüchtigen Moment beobachten. Es ist die Geste, wenn man das Glück nicht fassen kann, Tränen des Glücks kommen wollen. Wenn man gerührt ist, eine stille, tiefe Freude spürbar wird. Dann allerdings greifen Sportler schon mal mit beiden Händen zum Sternum – als Zeichen inniger Gerührtheit. So wie Franziska van Almsick, die sich nach ihrem EM-Sieg in Weltrekordzeit – im wahrsten Sinne des Wortes – ans Sternum fasste.

Als Nena („99 Luftballons“) vor einiger Zeit im Fernsehen interviewt wurde, ob sie nicht auch – wie andere Großverdiener – lieber in Luxemburg oder in Monaco leben würde, antwortete sie: „Ich lebe gerne in Deutschland. Ich sage das mit Stolz und Liebe.“ Dabei legte sie für einige Sekunden ihre Hand aufs Sternum.

In innigen Szenen des Theaters, aber auch in der leichten und ernsten Muse des Gesangs, fällt diese Geste auf. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um seichte Schlagertexte („Ich lebe so, wie ich bin …“) handelt. um Hip-Hop („Ich habe dicke Pläne für mich …“) oder um Arien („Dein ist mein ganzes Herz“) – der Griff ans Brustbein ist oftmals zwar flüchtig und unbewusst, aber deutlich wahrnehmbar.

Symptomatisch ist die Äußerung eines Bekannten, dem ich erstmalig von der Tatsache der Berührung des Sternums erzählte. Er erwiderte im Brustton der Überzeugung: „Das mache ich nicht!“ Beim Wort „ich“, schaute er an sich herunter. Zur eigenen Überraschung hatte er sich gerade auf das Sternum getippt.

Dieser Hinweis ist nicht auf das „Ich“ beschränkt.

Verzückung, Verklärung (wie in religiösen Darstellungen), Ergriffenheit, Enttäuschung, Gram, Freude, Glück, ebenso wie das Zusammenziehen bei der Angst… die Luft, die einem fehlt, wenn es einem den Atem verschlägt. Aber auch das stille Glück der Verliebten. Das Selbstbewusstsein, der Stolz auf die eigene Leistung.

Alles das, was uns mit unseren Licht- und Schattenseiten ausmacht, findet hier einen Resonanzboden. Schwingt in dieser Seelentiefe. Alles, was das Herz berührt, was es ängstigt und erfreut, findet hier, in diesem Punkt, seinen Widerhall.

Im Sternum ist das Leuchten der Seele, ist abgrundtiefe Trauer, ist das Scheitern wie auch der „Phoenix aus der Asche“, ist Zerfall und Auferstehung.

Das Sternum ist somit auch der Dreh- und Angelpunkt für die Vielschichtigkeit – und Einzigartigkeit – menschlichen Lebens. 

In herzlicher Verbundenheit
Georg Rupp

Aus: „Das Sternum-Projekt: Die 7 Schlüssel für ein reiches Leben“ – Dr. phil. Georg Rupp (Macht Sinn GbR, 1. Auflage 2004, ISBN 978-3938270028, Preis 29,80€)